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Mitte: Großstadtflair und Kiezleben

Die Berliner Bezirke sind Großstädte für sich: Die Bezirksbroschüren, die jährlich oder anderthalb jährlich erscheinen, stellen jeden Bezirk in seiner Vielfalt und Besonderheit dar. Der Leser erfährt Neues aus dem Rathaus und findet einen Wegweiser durch die Bezirksbehörde. Mit vielen Fotos, Berichten und Reportagen wird der Bezirk vorgestellt, von neuesten Projekten in Wirtschaft und Wissenschaft, Stadtentwicklung, Kultur und Sport berichtet. Unternehmen vor Ort prägen die Wirtschaftskraft des Stadtbezirkes. Global tätig sind sie doch regional verwurzelt. Wirtschaftsbroschüren porträtieren Firmen und Gewerbestandorte, stellen gewinnbringende Netzwerke und regionale Besonderheiten dar in Wirtschaft und Wissenschaft, Bauen und Wohnen, Handwerk, Kultur, Tourismus und Gesundheit. Erneuerbare Energien sind ebenso Schwerpunkt wie die Möglichkeiten zu Existenzgründung sowie Aus- und Weiterbildung.

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GESCHICHTE(N) | KULTURSondervitrine im DDR-Museum zu 35 Jahre WährungsunionNutella statt NudossiDer Drehteller in der Vitrine im DDR-Museum macht es deutlich, was mitder Währungsunion vor 35 Jahren passierte.Mit Westgeld im Portemonnaie wollten dieMenschen auch Westprodukte kaufen. DieHO- und Konsum-Verkaufsstätten wechseltenAussehen und Angebot: Nudossi wurdegegen Nutella getauscht. Mit der D-Markin der Tasche begann nun die ganz großeReisefreiheit.Historiker Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk, wissenschaftlicherBerater des DDR-Museums,spricht zur Eröffnung der Sonderschau zu 35Jahre Währungsunion von „einer Schocktherapie“.Während die Revolution eine „Revolutionder Minderheit“ gewesen sei, sei dieEntscheidung für die schnelle Herbeiführungder deutschen Einheit, getroffen mit derVolkskammerwahl am 18. März 1990, eine„Entscheidung der Mehrheit“ gewesen. DieFolgen waren groß.„Bevor die Massenarbeitslosigkeit kam, versuchtendie Betriebe zu überleben und allenichtproduktiven, aber die DDR prägendenBereiche abzustoßen: Kultur-, Sport, Gesundheits-,Sozialeinrichtungen… Gleichzeitigkamen mit der D-Mark die Institutionen,die die Stabilität der Währung gewährleistensollten. Das Rechts– und Wirtschaftssystemwurde dann von Personen geführt,die es kannten, so dass bald an allen Leitungs-und Entscheidungspositionen Westdeutschesaßen.“Dass der westdeutsche BundeskanzlerHelmut Kohl im Februar 1990 von Gesprächenaus Moskau mit Michail Gorbatschow,Staatspräsident der Sowjetunion, zurückkamund von einer schnellen deutschen Einheit,voraussichtlich schon 1995, sprach, dassvon einer gesamtdeutschen Verfassung,die gute Elemente beider Verfassungenvereinen sollte, die Rede war – ist schnellvergessen und von der Geschichte überholtworden.Mit der schnellen Vereinigung würde die Abwanderunggestoppt werden, war ein Argument,das sich nicht bewahrheitete. Von den16 Millionen Menschen verließen 5 MillionenOstdeutschland, was zum heutigen Männerüberschussund der Überalterung derBevölkerung führte. Der Historiker benenntdie bekannten Folgen: die Radikalisierungder Gesellschaft, Infrastrukturen gingen besondersin den 90er, 00er und 10er Jahrenkaputt, Investitionsanreize fehlten. „Von 9,7Millionen Beschäftigten 1989 waren 1993ein Drittel arbeitslos und ein Viertel stecktein Umschulungen und Beschäftigungsmaßnahmen.80 Prozent arbeiteten 1994 in anderenBereichen als 1989“.Bei Menschen, die nie zuständig für die eigenenAngelegenheiten gewesen seien,1990 war daswohl freieste Jahrin der GeschichteOstdeutschlands.Historiker Dr. Ilko-Sascha Kowalczukin deren Vorstellung Arbeitslosigkeit nichtvorgekommen sei, „entstand die Wahrnehmung,dass die DDR gemütlicher, die Menschennetter gewesen seien: Kokolores“,sagt dazu der Historiker und kommt nochmal auf den „Freiheitsschock“ zu sprechen.Er habe 1990 als Jahr des Feierns, der Partyin Erinnerung. „Auch Polizisten war die natürlicheAutorität verloren gegangen. Siewussten nicht mehr, was sie tun sollten…“ DerHistoriker resümiert: „Es war das wohl freiesteJahr in der Geschichte Ostdeutschlands.“G Birgit Nößler• Sonderschau im DDR-MuseumKarl-Liebknecht-straße1, 10178 Berlinbis 22.3.2026, geöffnet täglichvon 9-21 Uhr, www.ddr-museum.deGraffiti vor der Währungsunion44Aus Alumünzenwurden AlufelgenDie Ausstellung zeigt DDR-Geldscheine – auch die, diegar nicht im Umlauf warenund nach der Währungsunionauftauchten, Grundlagedes Films „Zwei zu eins“© B. Nößler/aperçu (4)

v.l.: Christoph Rauhut, Landeskonservatorund Direktor des LandesdenkmalamtesBerlin, AnneSklebitz, Leiterin des PETRI Berlin,und Matthias Wemhoff, Landesarchäologeund Direktor des Museumsfür Vor- und Frühgeschichte.© K. Rolshausen (3)PETRI Berlin – Museum für Vor- und FrühgeschichteArchäologie erlebenOriginale Fundamente, moderne Architektur und innovativeVermittlungsformate: Das PETRI Berlin ist ein lebendiger Erlebnisraum,der mitten im historischen Zentrum Berlins Archäologieneu erfahrbar macht. An dem Ort, an dem einst die Petrikirche – dieerste Kirche der Stadt – stand, eröffnet das PETRI neue Perspektivenauf das kulturelle Erbe der Hauptstadt. Hier trifft Geschichte auf Gegenwart:Die bundesweit einzigartige Kooperation des Museums fürVor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin und desLandesdenkmalamts Berlin verbindet archäologische Forschung mitanschaulicher Vermittlung. Besucher:innen können buchstäblich indie Tiefen der Stadt eintauchen – über den Fundamenten der mittelalterlichenLateinschule beginnt eine Entdeckungsreise in das früheBerlin und die Anfänge urbanen Lebens an der Spree.„Das PETRI ist ein Ort zum Entdecken, Anfassen und Mitmachen“,sagt Anne Sklebitz, die Leiterin des Hauses. „Wir wollen Prozessesichtbar machen, die sonst im Hintergrund verborgen bleiben, undFreude am Forschen vermitteln. Die Besuchenden können bei unsspielerisch selbst die Rolle von Forschenden einnehmen und parallelEinblicke in reale Arbeitswelten erhalten.“Ein Highlight ist das sogenannte „Archäologische Fenster“ im Untergeschoss:Hier wird die historische Stadtstruktur sichtbar – einBlick zurück in das mittelalterliche Berlin. In den oberen Etagenergänzen gläserne Werkstätten, ein Projektraum und das Magazindes Museums für Vor- und Frühgeschichte das vielfältige Angebot.Die Ausstellung unter dem Motto „Entdecke die Archäologie“ sprichtalle Sinne an: Tastobjekte, interaktive Stationen und speziell entwickelteFormate für Schulklassen machen archäologische Forschunganschaulich und lebendig. Der spielerische Zugang fördert Neugier,Verständnis – und vor allem den Spaß an Wissenschaft. petri.berlinG Katharina Rolshausen„Wannhat BerlineigentlichGeburtstag? “— Nuri (6), aus NeuköllnFinde es herausim PETRI Berlin!Entdecke die Archäologiein der Gertraudenstraße 8 · 10178 BerlinTickets aufwww.petri.berlinLandesdenkmalamtBärenstatue, Fundort Molkenmarkt © Staatliche Museen zu Berlin,Museum für Vor- und Frühgeschichte / Claudia Bullack45GESCHICHTE(N) | KULTUR